Seychellen – Traum von Strand, Sonne & Meer
Bonswar Mahé. Guten Tag auf Kreol. Anstrengender Flug, wie immer den Platz neben dem weinenden Kind ergattert. Ich bin einfach ein Glückspilz. Die Flugzeugtüre öffnet sich, heiße Luft streichelt die müden Augenlider. Erstmal tief einatmen. Die Hitze aufsaugen. Die Schultern entspannen und alle Arbeitssorgen abschütteln.
10 Tage wird uns dies alles keinen Gedanken abringen können. Letzte planbare Stresshürde steht bevor. Phänomen Gepäckband: Lass mehr als einen Fingernagel breit zwischen dir und dem Gepäckband und es stellt sich garantiert noch jemand vor dich, der Angst hat, seinen Koffer nicht zu sehen. Falls es jemand noch nicht wusste, jeder Koffer fährt nur eine Runde und wird dann zerschreddert, daher ist erhöhte Nervosität und Dringlichkeit am Gepäckband ein Muss. Gutgläubig lasse ich trotzdem einen halben Meter Freiraum. Die Familie mit dem weinenden Kind wittert ihre Chance. Die noch immer aktive Heulboje und ihr Nintendo zockender Bruder, die Mutter, die ungebremst optimistisch sogar nach 10 vergangenen Stunden noch hofft, dass ein ausgesprochenes “Schscht” die Kleine jetzt wirklich beruhigen kann, sowie das auf Koffermodus programmierte Familienoberhaupt einschließlich seiner achtzigjährigen übergewichtigen Mutter platzieren sich vor uns an dem Gepäckband. Der Großmutter fällt ein, dass sie ihren Rucksack noch schnell umpacken könnte. Ich ziehe mich zurück und überlasse meinem Schatz die Kampfarena. Er sieht das Gepäck. Nichts wie weg. Das Shuttle steht bereits da, “Bonswar” steht auf dem Schild neben unseren Namen. Wir lassen uns auf die Sitze fallen, verarbeiten den schlagartigen Abfall von zehn Grad minus zur Außentemperatur, setzen unsere verhärteten Halswirbel und Muskelstränge einem abwechslungsreichen Gas- und Bremsmodus-Kontrastprogramm aus- endlich da. Blumengarten, alles duftet. Begrüßungsgeträller durch einen roten Einheimischen. Wir scheinen willkommen zu sein. Gepäck ins Eck, raus aus den warmen Sachen, Flipflops an, Sonnenbrile auf und los zum Insel kennenlernen. Erster Morgen. Es klopft an der Tür. So früh Besuch? Frische Pfannkuchen für uns. Einfach so. Sie sind noch warm und duften köstlich. Es klopft nochmal. Der Mietwagen ist da. Eine Rennseifenschale. Der Name: F16. Klingt nach Spaß. Sieht auch nach Spaß aus. Nach der ersten Minute wissen wir: Es ist Spaß! Einmal um die Insel und noch mehr. Das Ein- und Aussteigen zeigt sich als akrobatische Meisterleistung. Ich entscheide mich für hauptsächliches Sitzenbleiben. Hinauf die Serpentinen, in Achtung vor kurvenschneidenden Bussen, die in gefährlicher Schräglage an uns vorbeirauschen. Dem Bus kommt ein Lastwagen entgegen. Kein Grund, vom Gas zu gehen. Erste Etappe Victoria, geschäftiges Treiben und kleine Lädchen. Hoch zur Nordspitze Beau Vallon, Blick auf weiße Strände, schöne Kirchen, kleine Häuser und viel Grün. Zurück zur Südostküste, Stopp im Jardin du Roi. Leider geschlossene Gesellschaft. Wir können dennoch einen Platz zum Essen rausschlagen. Es hat hier einfach Charme. Dafür ein festgelegtes Menü. Macht uns nichts. Wir lassen uns überraschen. Ich befürchte kurz die Spezialität des Landes – Fledermaus-Curry. Zum Glück kommt es anders. Wir werden nicht enttäuscht. Curryhühnchen, Mangosalat, Reis, Banane in Kokosnuss, gegrillter Fisch… alle Kräuter aus dem eigenen Anbau im Garten vor uns. Das schmeckt man. Wir bezahlen Eintritt und sehen uns den Garten noch an. Lohnenswert. Wer weiß schon genau, wo die leckeren Früchte wachsen, bevor sie im Supermarkt Regal liegen? Wir kratzen am Stamm des Zimtbaumes, entdecken die Stinkfrucht zwischen den Ästen, riechen den Brotbaum und sehen wie Kakao wächst, bevor er zu dem sündhaften Hüftspeckansetzer verfeinert wird, den ich so gerne nasche. Endlich ist auch meine Frage nach dem Ananasbaum geklärt, den gibt es nämlich nicht. Die Pflanze sieht aus wie ein Kaktus und wächst auf dem Boden. Sieht sie nicht wunderschön aus? Weiter geht es Richtung Süden. Durch windige Kurven und kleine Häuseransiedlungen geht es den Berg hinauf. Mahé zeigt uns ein neues Gesicht. Der Himmel zieht in einem Atemzug zu und wird schwarz, es prasselt auf uns hernieder. Das Cabrio steht unter Wasser. Wir lachen aus vollem Herzen, ziehen die tropfenden Sonnenbrillen ab und legen eine Vollbremsung und Kehrtwende ein. Zurück zum Licht. Ab ins Trockene. Nächste Kreuzung links abbiegen. Ziel Anse Intendance. Den schönsten Strand der Insel. Man kennt die Traumstrände aus den Kalendern. Gephotoshoped und manipuliert. Hier ist es anders. Es sieht wirklich so aus. Kaum Menschen um uns herum. Wir breiten die Strandtücher aus und setzen uns. Versuchen, diesen Blick in uns festzupflanzen. Der Sand blendet, so hell ist er. Das Wasser ist klar, als käme es aus dem Wasserhahn. Wir schütteln abwechslend den Kopf. Es ist so schön, dass es fast unreal wirkt. Plötzlich tauchen doch ein paar Nachbarn auf. Aber wir sind ja nicht so. Es hat so viel freien Platz hier, wir können teilen. Es dämmert. Wir packen zusammen. Viel erleben macht ganz schön müde. Schnell nach Hause. Das Moskito Summen hören wir nicht mehr. Wir träumen schon von den Pfannkuchen. Ein weiterer Tag, den wir genießen und erleben. Wir stehen eine Stunde im Supermarkt und unterhalten uns mit dem Besitzer. Er zählt für uns alle Strände der Inseln auf (und es sind wirklich viele…) und erzählt, wo er in Deutschland schon war. Bonn und Dortmund. Das schöne Städtchen im Süden hat er leider nicht gesehen. Er verspricht, das nachzuholen. Abends genießen wir ein warmes Essen am Strand, als der Schauer wieder einsetzt. Wir bleiben, bis unsere Überdachung das Wasser durchlässt. Dann im Schnellschritt nach Hause.Heute heißt es Abschied nehmen. Orevwar. Wir fahren nach La Digue. Cat Cocos von Mahé bis Praslin. Eine Stunde. Viel zu lange bei diesem Seegang. Ich blicke mit flauem Magen nach draußen und versuche, einen Punkt am Horizont zu finden. Es gelingt mir mäßig. Kurzer Landgang. Meine grüne Gesichtsfarbe kann wieder langsam dem Weiß weichen. Gepäck umgeladen, eine kurze Viertelstunde und es geht weiter nach La Digue. Die Ankunft ist entspannt. Der Hafen liegt scheinheilig still und friedlich da. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man diesem Meer keine wilde Woge glauben. Robert ist nicht da, er sollte uns abholen. Wir stehen da und schauen uns suchend um. Das alternative Taxi steht bereit. Ein Bob Marley Doppelgänger kommt auf uns zu und fragt, wie es uns geht. Woher wir kommen. Dann die Frage, ob wir einen Transport benötigen. Wir berichten, dass wir bereits Transport erwarten. Er wendet sich ab und telefoniert. Mit uns war kein Geschäft zu machen. “Kein Interesse mehr an uns”, sage ich zu meinem Schatz. Er kommt zurück. Es sei viel los, meint er, aber Robert sei bereits auf dem Weg zu uns. Ich beiße mir innerlich auf die Zunge und denke, dass es stimmt. Reisen vernichtet Vorurteile. Bitte mehr davon. Wir beziehen unser Apartment. Es gibt nur eine Straße in La Digue und darauf fahren hauptsächlich Fahrräder. Wir sind noch zu Fuß unterwegs. Wir streicheln die Riesenschildkröte George am Straßenrand. Auf den Galapagos Inseln habe ich den wahren George kennengelernt, den letzten seiner Art. Leider so alt, dass ihm sogar die Lust am Paaren vergangen ist, was ihm den Spitznamen Lonesome George eingefangen hat. Wenn er uns verlässt, wird es keinen Nachfahren mehr geben. Zu seinem Ehren, heißt auch dieser faule Kollege am Straßenrand George. Ich hoffe, er würdigt das. Wir laufen Richtung Park. Die Kilometerangabe wird immer kleiner, aber der Traumstrand ist nicht in Sicht. Ab morgen werden wir uns den Fahrradfahrern anschließen, soviel ist sicher. Wir verlassen den Weg und gehen vor zum Strand. Die Ebbe hat all das Seegras ausgespuckt und wir suchen unseren Weg hindurch. Eine weitere halbe Stunde haben wir unser Ziel erreicht. Es war jede Schweißperle wert. Wir kommen uns vor wie in der Bacardi Werbung- nur ohne die aufgedrehten Partymenschen, die wie verrückt am Strand rumtanzen. Das Wasser ist klar und hat Badewannentemperatur. Wir legen uns rein und genießen. Irrtum ausgeschlossen. So muss das Paradies aussehen! Wir besteigen das durchgerostete Drahteselgestell, das wir für diesen Tag gemietet haben. Der Sattel ist nichts weiter, als ein weiteres Metallgestänge. Innerlich erfreue ich mich, dass wenigstens mein eigener “Sattel” etwas Polster hat. Hat eben alles seine Vor- und Nachteile. Unsere Rezeptionsdame Mimi schaut verwirrt, als wir nach einem Schloss fragen. Sie versteht nicht wofür. “Fahrrad abstellen. Wenn es weg ist, anderes nehmen, wir tauschen es dann später auf der Insel wieder gegenseitig um.” Stolz zeigt sie uns den blauen Farbklecks am Rahmen, ein Brandzeichen seychellenischer Art. Das sind Mimis Fahrräder. Sie schimpft noch kurz über ihre Frau Mama, die mit ihren fast achtzig Jahren alle zwei Tage eine Flasche Whiskey leert, dann wünscht sie uns einen schönen Tag und verschwindet zurück in ihr klimatisiertes Bürokabuff. Meine Gangschaltung klemmt. Sie ist bei Gang Nummer Sechs stecken geblieben, leider der schwerste. Kleine Hügel überwinde ich, der nächste Anstieg zur Anse Sévère kostet mich mehr Mühe. Der weiße feine Sand ist vom dort stehenden Hotel mit schönen Liegen versehen. Alle sind belegt. Zu voll für unseren Geschmack winden wir uns weiter Richtung Anse Patates. Nummer Sechs fordert mich heraus, ich stelle mich und trete fester in die Pedale, meine untrainierten Oberschenkel brennen, ich trete weiter, um schließlich wenige Sekunden später der Sonne und dem Berg nachzugeben. Nummer Sechs lacht mich aus, er hat gewonnen. Ich steige ab und schaue durch die Palmenblätter auf das majestätisch glitzernde Meer. Tiefsattes Türkis lacht mir entgegen. Irgendwie fühle ich mich jetzt als Gewinnerin. Um die Nordspitze herum bis in den mittleren Ostteil der Insel am Anse Fourmis, dann endet die Straße. Wir legen die Fahrräder in die Büsche und gehen zu Fuß weiter. Wir klettern eine Viertelstunde über die aufragenden Granitfelsen, bis wir beschließen, dass Flipflops einfach keine Bergziegenhufe sind und kehren um. Jetzt kommt der schöne Teil, bergab, den Fahrtwind um die Ohren bis zur Hälfte der Westküste hinunter, dann in Gang Sechs freundlicher Ebene bis fast an den Südzipfel, mit abschließender erneuter Übersäuerung meiner Beinmuskulatur. Fahrräder wieder in die Büsche und vor zum Strand. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Wir legen unsere Strandtücher unter dem Schatten eines Baumes ab und springen in die kühlenden Fluten. Hier lassen sich Stunden verbringen. Liegend im klaren Wasser, nur die Geräusche der Wellen und wir. Wir beobachten 2 Neuankömmlinge. Das Paar schaut unentschlossen die endlose Weite nach links und nach rechts, um dann schlussendlich ihr Handtuch direkt im Anschluss an unsere beiden zu platzieren. Wir glauben an einen Scherz. Die Ankömmlinge scherzen leider nicht. Als wir zurückkehren, steigt mir der Geruch ihrer aufgetragenen Sonnencreme in die Nase, so dicht gedrängt sitzen wir. Wer so Tür an Tür lebt, sollte sich nett behandeln. Wir geben ein freundliches “Bonjour” als Eröffnung von uns und lächeln. Als Antwort erhalten wir ein stieres Glotzen, mit dem kostenlosen zurückbleibenden Beigeschmack, dass unsere Begrüßung irgendwie unpassend war. Verdrehte Welt, denke ich mir. Manche haben das Paradies einfach nicht verdient. Zeit das Metallross zu satteln. Erneuter Fahrtwind bei der Rückreise. Die Sonne hat ihren höchsten Punkt erreicht und brennt uns auf den Rücken. Leider sind unsere Wasserressourcen verbraucht. Wir halten bei einem kleinen palmblattumzäunten Stand an und lassen uns einen echten Fruchtsaft mixen. Die Zubereitung dauert gefühlte zehn Minuten, denn der Barista ist immer wieder gezwungen, seine zu verarbeitenden Früchte abzulegen, um der laut spielenden französischen Raggae Musik seine körperliche und gesangliche Unterstützung darzubieten, bevor er sich weiter der Zubereitung der von den Ausgetrockneten ersehnten durstlöschenden Fruchtdrinks macht. Der Mixerrest wird im bereitstehenden Eimer entleert. Der Saft sieht lecker aus und schmeckt auch so. Als zwei Franzosen ihre Gläser zurückgeben und auch deren Inhalt mitsamt den Strohhalmen eine kurze Katzenwäsche im von Fruchtresten genährten Eimer erfahren, bevor sie ihren Weg zurück zum einsatzbereiten Regal finden, zwinkern mein Schatz und ich uns zu. Ressourcenknappheit erzeugt Recyling statt Müll. Hat also manchmal auch was Gutes. Ich habe das Gefühl, der Herpes zwinkert auch schon vor Freude. Der Himmel zieht zu und es prasselt auf uns nieder. Ich trete Gang Nummer Sechs den Kampf an, steige in die Pedale und versuche das Hinterrad meines Schatzes dicht vor mir zu halten, der sich anscheinend vorgenommen hat, das gelbe Trikot für die schnellste Heimfahrt zu ergattern. Wir sehen einen Gemüsestand am Rand des Weges und halten an. “Alles von hier” erzählt uns der Besitzer stolz. Und alles in von ihm vorgegebenen Einheitsmengen. Für 60 Rupies haben wir 2 große Salatköpfe im Gepäck, 3 Zucchinis, von denen uns der Besitzer versichert hat, dass es wirklich Gurken seien und einen großen Sack Tomaten, der für eine ganze Salatkurwoche ausreichte oder uns einen eigenen Karrierestart im Gemüsestand-Business ermöglichen könnte. Durchnässt bis auf die Knochen und herrlich erfrischt erreichen wir unser Domizil. Wir lauschen dem Regenprasseln auf unserem Balkon und freuen uns für Mimi, deren Frischwassertank zu Hause durch den Regen wieder aufgefüllt wird und sie die seit Tagen ersehnte Dusche erhält. Ihre Mutter duscht dennoch sicher nur ihren Rachen, dafür aber mit Hochprozentigem. Wir tun es ihr nach und lassen zwei kühle Flaschen Seybrew Bier aneinanderstoßen. Zum Wohl, La Digue, du hast uns gut gefallen!Bonswar Praslin. Mit stummem “s” haben wir gelernt. Am Hafen geht es deutlich geschäftiger zu. Unser Shuttle erwartet uns schon. Bergige Serpentinen auf und ab, kein guter Ort für Fahrräder. 250 überteuerte Rupies später erreichen wir unser Apartment. Die Besitzerin Natascha erwartet uns schon, gemeinsam mit dem auf der Terrasse lauernden Kater. Er faucht zur Begrüßung. Skeptisch beäugt er meine ausgestreckte Hand, drückt als Zeichen der Bereitschaft zum Testen seinen Kopf dagegen und lässt ein Ohrkraulen über sich ergehen. Dann sind Don Schnurleone und ich Freunde. Als neuen Kampfgespielen übergebe ich im Austausch meine Sandale. Die ganze Wohnung riecht gut. Ich entdecke einen prallgefüllten Obstkorb auf dem Küchentresen. Sternfrüchte, Mangos, Papayas, kleine Bananen und etwas, das wir noch nicht kennen, zaubern diesen wunderbaren Geruch in die Zimmer. Natascha fragt, ob wir Kinder haben. Als wir verneinen, zeigt sie uns das Schlafzimmer und erzählt, dass die letztjährige Mieterin auch hier drin geschwängert wurde. Gutes Karma, meint sie. Ich klopfe unmerklich drei Mal auf Holz und stelle mein Gepäck auf dem blumendekorierten Karma-Bett ab. Natascha zeigt uns den Rest der Wohnung, eigentlich eher ein Haus. Groß genug für eine Familie. Wir haben sogar WIFI. Natascha wohnt am Ende der Straße, wir sollen sie aber per Mail kontaktieren, wenn wir etwas brauchen. Stolz zeigt sie ihr Blackberry, Geschäftsfrau eben. Wir nehmen das Angebot ein paar Stunden später an und erfragen einen Mietwagen für den kommenden Tag. 2 Minuten später erhalten wir die Buchungsbestätigung. Mein Schatz blickt traurig auf die rote Blechkugel, die vor unserer Terrasse steht. Er denkt sehnsüchtig an seinen F16. Wir packen unsere Sachen und lassen einen skeptisch observierenden Don Schnurleone zurück, der sich natürlich noch ein paar Krauleinheiten abgeholt hat, bevor er zurück auf seinen Beobachterstuhl springt und weiterschläft. Dieser Kater verlässt nie die Terrasse. Die Mäuse müssen wohl bei ihm vorbeikommen. Wir fahren einmal um die Insel, am Hafen vorbei, weiter zum Weltkulturerbe erklärten Park Vallée de Mai. Hier findet sich die Meereskokosnuss, riesengroß und an die 15-20 Kilo schwer. Ein Schelm, der in ihr etwas anderes erkennt! Wir erwandern alle Wege, es ist relativ dunkel und der Boden liegt voller verdorrter Blätter. Die Frucht ist wirklich beeindruckend, die Wanderwege eher weniger. Nach einer Stunde haben wir alles gesehen und gehen zurück zum Ausgang. Die restliche Insel erkundet und das nächste Strandhighlight steht bevor. Anse Lazio. Wir können nicht glauben, dass dieser Strand uns noch überraschen kann, bei all dem, was wir bereits an Traumstellen entdeckt haben. Noch klarer und noch schöner? Unmöglich. Sag niemals nie … Der Strand hat einen eingezäunten Bereich. Hier drin soll man Schwimmen und ist geschützt. Doch wovor eigentlich? Hier ist der Haiangriff vor einem Jahr passiert. Ein Hochzeitspaar hat gebadet und der Mann musste sein Leben lassen. Als wir uns gestern beim Spaziergang an der Tauchschule erkundet haben, ob noch Platz für morgen sei, wurde uns erzählt, wie die Regierung auf die Forderung der Hotels nach dem Unglück eingegangen sei und großes Haiabschlachten genehmigt hatte. Da blutet jedes Taucherherz. Woher nimmt sich der Mensch dieses Recht? Ich hoffe, wir begegnen morgen unter Wasser dennoch ein paar dieser anmutigen Tiere. Auch Lifeguards und ein Rettungsboot sind an Ort und Stelle. Ansonsten liegt der Strand friedlich und geruhsam da. Wir genießen einen weiteren Tag und ich beende mein drittes mitgebrachtes Buch. Ich schlummere ein wenig weg und werde duch den vertraut schwäbischen Klang meines Heimatakzents wach. “Dohanna isch voll”, sagt der Mann zu seiner Frau. Ich blicke auf und sehe ein Paar an uns vorbeigehen. Sie kontert: “Des isch mir egal, da drucka mr halt no nei.” Jetzt erst erkenne ich unsere Körperkontakt-Lieger von La Digue wieder und beobachte aus der Ferne, wie sie erneut inmitten der liegenden Körpern andocken. Diesmal eine italienische Familie. Besser als Kino. Wir sind seit heute Nacht um halb sechs auf und beobachten das Unwetter vor unserem Fenster. Wir fürchten um unseren bevorstehenden Tauchausflug. Wir warten bis acht Uhr, dann mailen wir Natascha an. Eine halbe Stunde später die erlösende Nachricht: Wir haben Glück, das Boot fährt raus! Nun nehmen wir doch noch ein kleines Taucherfrühstück zu uns und machen uns langsam bereit. Um kurz vor neun finden wir uns an der Basis ein. Zertifikate werden vorgezeigt, Bleistücke gezählt, die Ausrüstung vergeben. Der Himmel klart etwas auf. Die Flaschen werden montiert, wir quetschen uns in die engen Wetsuits und schleppen die Tanks zum Boot. Es kann losgehen. Mal wieder macht uns das Meer die Liebe nicht einfach, kaum verlassen wir den sicheren Hafen, sind wir wieder schwankenden Wellen ausgesetzt. Dafür regnet es nicht mehr. Nach kurzer Fahrtzeit ist der erste Spot erreicht, Ave Maria. Buddyteam mit meinem Schatz und weg vom wankenden Boot ins Wasser. Schon beim Abtauchen beruhigt sich mein Magen und ich komme zur Ruhe. Das Wasser ist aufgewühlter als ich erwartet hatte. Die Sicht, einigermaßen ok. Aber wir haben keinen Grund uns zu beschweren, es ist kaum Zeit vergangen, als wir die ersten Weißspitzenriffhaie sehen. Scheu schwimmen sie an uns vorbei und aus unserer Sicht. Eine Schildkröte kreuzt neugierig unseren Weg, bis sie vor einem großen Schwarm roter Fische mit Glubschaugen den Aufstieg nach oben nimmt. Wir genießen eine Stunde, trotz 28° Grad Wassertemperatur habe ich irgendwann das Zittern angefangen. Auftauchen, viel Wasser trinken und ein paar Minibananen essen. Mein Schatz ist leider seekrank und füttert bereits das vierte Mal die Fische. Für den nächsten Tauchgang fällt er aus. Leider kann er auch den Anblick der zahlreichen Delfine nicht genießen, die um unser Boot herum ihr Kunststücke vollziehen. Zweite Runde mit neuem Buddy, dem Chef der Tauchschule. Der Patient liegt elend auf dem Boot. Eine Stunde muss er noch durchhalten, kein Leichtes bei diesem Seegang. Mir ist schon beim Abtauchen kalt. Ein schöner Adlerrochen lenkt mich ab und wir durchtauchen Riffspalten und kleine Höhlengänge voller Fische. Ein Schwarm Trompetenfische zieht an uns vorbei und ich sehe einen riesigen Napoleonfisch. Ich entdecke eine Babyschildkröte und freue mich. Diese Welt ist wunderschön. Der Patient will nach Hause. Für morgen ist das Tauchen gestrichen. Innerlich schwankt er immer noch. Auf dem weiten Nachhauseweg und dem festen Boden unter den Füßen kommt er wieder zur Ruhe. Er hat Hunger. Ich lächle, der Patient ist wieder gesund. Kleiner Spaziergang zum Strand im Norden. Deutlich anstrengender ohne Mietwagen. Wir entdecken unterschiedlich große Löcher an den Seiten der Straße. Hunderte Meter lang folgt immer Loch an Loch. Wir bleiben neugierig stehen und beobachten. Aah. Bewohner entdeckt. Die erste rote Schere lugt aus einem Loch. Das ist wohl eine Krebssiedlung. Wir spazieren weiter und blicken auf die anderen Inseln, die wir bereits besucht haben. Nur noch einen Tag, dann heißt es auch Orevwar Praslin. Wir verdrängen diesen Gedanken für heute. Der morgen bricht an. Die letzten Vorräte aus dem Kühlschrank werden vernichtet, im Anschluss die Rucksäcke gepackt. Der Don steht maunzend vor der Glastür. Er scheint zu ahnen, dass wir ihn verlassen. Natascha erscheint auf der Veranda. Sie will sich von uns verabschieden, bevor ihr Bruder uns zum Hafen fährt. Wir bedanken uns für die wunderbare Zeit, die wir in ihrem Haus hatten und beichten noch leise, dass wir den Zuckerdosendeckel zerbrochen haben. Sie sagt mit ernster Miene und eng gezogenen Augenbrauen, dass dies ein ziemliches Problem sei und macht eine bedeutungsschwangere Pause. Sie schaut einige Sekunden ernst, bevor sie zu unserer Entspannung den Scherz auflöst und loslacht. Sie sagt, wir sollen nächstes Jahr wieder kommen. „Then with kids“, sagt sie und zwinkert in Richtung des Schlafzimmers. Wir lassen es einfach so stehen und lächeln. Wir drücken sie, wir drücken Don, der augenblicklich wieder das Fauchen anfängt. Er hat sich wieder zurückverwandelt. Schon rollt der riesige Jeep von Nataschas Bruder in die Einfahrt. Abholservice! Am Hafen stehen bereits zahlreiche Touristen in einer undefinierbaren Schlange an, im Visier der prallen Mittagssonne, die unerbittlich auf alle herabbrennt. Die meisten Köpfe weisen bereits einen ungesunden Ton auf, der jeden Hummer vor Neid erblassen lassen würde. Andere befinden sich bereits auf Stufe 2 des Schälprozesses der ersten beiden Hautschichten, steuern aber ungeachtet ihrer Platzwahl direkt darauf zu, die neu entstehende Ersatzschicht ebenfalls wieder hoffnungslos zu verbrennen. Wir stellen uns abseits in den Schatten und beobachten den bunten Trupp aus der Ferne. Als wir das plötzliche Einstiegsgedrängel bemerken, müssen wir fast annehmen, dass es nicht ausreichend Sitzplätze gibt und nur die ersten hundert Passagiere mitfahren dürfen. Mir fällt ein, dass mich morgen auch wieder die Gepäckband-Schlacht erwarten wird. Ich seufze innerlich und schiebe meinen Rucksack in Richtung des Bootstegs. Kurz vor dem Einsteigen werfe ich nochmal einen Blick auf das Meer. Es deutet ein Versprechen an, heute mal zur Abwechslung etwas ruhiger zu bleiben. Ich bin skeptisch. Aber es hält Wort. Wir werden wieder abgeholt. Die Gästehausbesitzerin und ihre Großmutter sind im Kastenwagen gekommen und lächeln breit. Wir übergeben unser Gepäck als Passagiere und steigen selbst in Victoria aus, um noch ein bisschen durch die Gassen zu spazieren. Die 90-jährige Beifahrerin lächelt uns mit ihren gesichtsbedeckenden vollverspiegelten Sonnengläsern zu und winkt zum Abschied. Wir besuchen die Stände des kreolischen Festivals, entdecken ein schönes Stoffgeschäft und finden eine Vielzahl an Läden, die fast alles, aber irgendwie auch nichts haben. Handwerkszeug, Unterhosen, Lebensmittel, bunte Haarklammern und Hundefutter, als kleinen Auszug aus dem vorherrschenden Sortiment, alles eng gepresst in wenige Regalreihen. Zwischen den Gassen entdecke ich einen zauberhaften Ring in der Auslage. Ich werde wohl doch noch ein Souvenir ergattern. Meine bessere Hälfte nickt zustimmend, das Objekt der Begierde ist genehmigt. Wir gehen hinein und lassen ihn uns zeigen. Direkt vor mir sieht er noch schöner aus. Ich sehe ihn gedanklich schon an meinem Finger sitzen. Erst der Preis entreißt ihn mir wieder und befördert ihn zurück in die Auslage. Wir sind wohl bei Cartier gelandet. Wir gehen auf dem Sir Trelawny Market vorbei und entdecken allerlei Gemüse, dass wir noch nicht kennen. Kleine rote kürbisförmige Gewächse, sie sehen fast ein bisschen aus wie Paprika, allerdings im Miniformat von 3 cm. Hier bekommt man wieder Lust auf Kochen, aber heute Abend werden wir diesmal selbst bekocht. Fisch wird es geben, soviel hat unsere Gastgeberin Leira verraten. Beim Anblick der großen frischen roten Snapper bekomme ich augenblicklich Hunger. Noch ein letzter Vergleichsblick zu den Tomateneinheiten in dieser Gegend. Ich sehe eine Wage und leere Tüten. Es gibt ihn also, den bedarfsgerechten Einkauf. Mein Magen erinnert sich an die vergangenen Tomatengericht-Varianten und signalisiert Hunger. Doch er muss noch warten. Nachdem wir die letzten Gässchen durchkämmt haben, überlegen wir uns einen strategischen Wartepunkt für ein Taxi. Victoria meint es gut mit uns und schickt einige Sekunden später eines um die Ecke, das auf unser Winken hin anhält. Es bringt uns zu unserem letzten Guesthouse auf dieser Reise. Wir sind bereits in der Nähe des Flughafens, wir sehen die Flieger landen. Morgen sitzen wir drin. Nicht dran denken. Leira empfängt uns mit Kaffee. Sie schlägt Abendessen für halb acht bis acht Uhr vor. Mein Schatz kann es noch auf sieben Uhr vorverhandeln. Er hört wohl meinen Magen knurren. Sie erzählt von dem Fisch, den sie uns kochen wird. Ich kann das Essen schon riechen. Wann ist es endlich sieben? Die Zeit rennt und gönnt uns keinen Aufschub. Es ist soweit. Ein bisschen wehmütig sitzen wir im Flieger. Ich schaue nach draußen, ein letzter Blick auf das satte Blau des Meeres, die wiegenden Palmen im Wind und die majestätisch empor stechenden Granitfelsen in den Bergen. Unser Vogel rollt langsam auf seine Startbahn zu. Der uns bekannte Regen setzt ein. Dicke Tropfen prasseln gegen das kleine Fenster und verabschieden uns. Sie sind das einzige Geräusch, der ganze Flieger ist still. Ich lächle vor mich hin. “Seid nicht traurig Seychellen”, sage ich zu mir, “wir sehen uns bestimmt bald wieder.”